Kündigung rechtskräftig, auch wenn das Jobcenter nachzahlt
Wenn ein Mieter durch eigenes Verschulden mit seinen Mietzahlungen in Verzug gerät, kann der Vermieter kündigen. Dass das auch für Empfänger von Transferleistungen des Jobcenters uneingeschränkt gilt, hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 30.05.2018 klargestellt (65 S 66/18).
Arbeit abgelehnt, Wohnung verloren
Ein Berliner Hartz-IV-Empfänger lehnte eine Arbeitsstelle ab, die ihm das Jobcenter vermitteln wollte. Zur Begründung gab er an, sich in Kürze selbständig machen zu wollen. Das Jobcenter stellte daraufhin alle Zahlungen ein – auch die für die Miete. Daraufhin geriet der Mann selbst bei seiner Vermieterin in Zahlungsverzug. Die vorhersehbare Folge war eine ordentliche und fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses durch die Vermieterin, erklärt am 11.10.2017. Doch der Mieter wollte nicht aus der Wohnung ausziehen.
Das Jobcenter bot der Vermieterin sogar an, die entstandenen Rückstände durch eine Nachzahlung auszugleichen. Die Vermieterin sollte sich im Gegenzug bereiterklären, das Mietverhältnis fortzusetzen, schlug das Jobcenter vor. Doch die Vermieterin lehnte dieses Angebot ab – und erwirkte beim Amtsgericht ein Räumungsurteil. Dagegen wiederum ging der Mieter beim Landgericht Berlin in Berufung. Zwischenzeitlich hatte der Vater des Mieters seinem Sohn ein Darlehen gewährt, um die offenen Beträge zu begleichen.
Urteil: Berufung abgewiesen, Kündigung rechtskräftig
Das Landgericht bestätigte jedoch, dass die Kündigung rechtmäßig gewesen sei. Die Begründung: Der Mieter habe „seine Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt“. Zwar habe er sich in einer finanziellen Notlage befunden. Doch diese habe er selbst verschuldet, als er sich bewusst dagegen entschieden hätte, die ihm angebotene Tätigkeit anzunehmen. Erst diese Entscheidung des Mieters für eine Selbständigkeit habe zur Folge gehabt, dass er Leistungen des Jobcenters nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Es hätte daher an ihm gelegen, „für die Leistungsfähigkeit bezüglich der Miete künftig Sorge zu tragen“. Das habe er jedoch nicht getan.
Erschwerend kam hinzu: Bereits seit Juni 2017 sei dem Mieter bekannt gewesen, dass er aufgrund seiner Entscheidung kein Geld vom Jobcenter mehr zu erwarten hätte. Allerdings habe er sich nicht darum gekümmert, „die benötigten finanziellen Mittel für die Wohnung zu erlangen“, stellte das Gericht klipp und klar fest. Gegen den Aufhebungsbescheid sei er nicht vorgegangen und er habe auch keine alternative Möglichkeit der Finanzierung gesucht.
Schwerwiegende Pflichtverletzung des Mieters
Die Pflichtverletzung des Mieters sei schwerwiegend, die ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB daher gerechtfertigt, darin stimmte das Landgericht mit der Vorinstanz überein. Auch die Tilgung der offenen Forderungen durch den Vater ändere nichts daran, obwohl die innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 BGB erfolgt sei. Denn eine solche Zahlung – eine sogenannte Schonfristzahlung – hätte nur eine fristlose Kündigung „heilen“ können. Hier habe es sich aber um eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB gehandelt.
Grundsätzlich, so das Landgericht, habe die Vermieterin gegenüber einem Mieter, der auf staatliche Transferleistungen angewiesen sei, keine weitergehende Verpflichtung als gegenüber anderen Mietern.
Nur wer unverschuldet in Verzug gerät, ist vom Gesetz geschützt
Eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt zwingend voraus, dass der Mieter den Zahlungsrückstand verschuldet hat. Trifft den Mieter keine Schuld, steht dem Vermieter auch kein Kündigungsrecht zu. Das ist für den Mieter in der Regel günstig, denn er kann sich darauf berufen, wenn er unverschuldet in Zahlungsverzug gerät, zum Beispiel aufgrund von Krankheit oder unverhoffter Arbeitslosigkeit. Allerdings trägt der Mieter in diesem Fall die Beweislast. Er muss unter anderem Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen und ausführlich zur Sache Stellung nehmen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 20.07.2016 (VIII ZR 238/15) entschieden. Der Mieter im konkreten Fall konnte das Gericht aber nicht von seiner Unschuld überzeugen.