Rechtliche Absicherung im Notfall: Die Vorsorgevollmacht

von | Mittwoch, 21.08.2024 | Allgemein

Eine Vorsorgevollmacht ist die Ermächtigung einer Person des Vertrauens, die bei Unfähigkeit freier Willensbildung die Angelegenheiten des Vollmachtgebers regelt.

Eine Vorsorgevollmacht kann für umfassende oder spezifische Bereiche gelten, wie beispielsweise die Vermögenssorge oder die Sorge für die Gesundheit. Die Vorsorgevollmacht vermeidet gegebenenfalls die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers durch das Gericht, der fremd oder unerwünscht ist.

Ein Fallbeispiel: Die Vorsorgevollmacht in persönlichen Notfällen

Herr M. ist 79 Jahre alt und lebt allein in seiner Stadtwohnung. Er hat drei erwachsene Kinder, die entfernt von ihm wohnen. Herr M. erteilte eine Vorsorgevollmacht an seine Tochter S., die ihn regelmäßig besucht und sich um seine persönlichen Angelegenheiten kümmert.

Eines Tages erleidet Herr M. einen Schlaganfall und wird bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte müssen in der Notfallambulanz entscheiden, ob sie eine lebensrettende Operation durchführen, die in dem Lebensalter des Herrn M. riskant ist.

Zum Glück trägt M. seine Vorsorgevollmacht bei sich, sodass die Ärzte seine Tochter direkt kontaktieren können. Frau S. hat Kenntnis vom Willen ihres Vaters bei medizinischen Notfällen. So kann S. im Sinne des Angehörigen entscheiden, ob sie der OP zustimmt oder nicht.

Ohne Vorsorgevollmacht müsste das zuständige Amtsgericht einen Berufsbetreuer bestellen, der eventuell nicht im Sinne des Willens von Herrn M. entscheiden würde. Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht gab Herrn M. die Möglichkeit, vorab festzulegen, wer für ihn handelt, falls er dies nicht mehr kann und den Willen von Herrn M. umzusetzen.

Für welche Fälle ist die Erteilung einer Vorsorgevollmacht ratsam?

Die Ausstellung einer Vorsorgevollmacht ist ratsam für Notsituationen, in denen die betreffende Person aus Gesundheitsgründen oder aus Altersgründen nicht in der Lage ist, die eigenen Interessen wahrzunehmen.

Solche Notfälle können durch eine akute Erkrankung, einen plötzlichen Unfall, die Entwicklung einer Demenz oder ein Koma eintreten.

Durch eine Vorsorgevollmacht werden beauftragte Vertrauenspersonen – i.d.R. Angehörige oder Freunde – ermächtigt und bevollmächtigt, dem Wunsch und Willen des Vollmachtgebers als Betroffenen entsprechend zu handeln. Die Bevollmächtigung kann jederzeit abgeändert oder widerrufen werden, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist und sie kann auch über den Tod hinaus erteilt werden, um z.B. den späteren Erben die Möglichkeit zu geben, Verfügungen über den Nachlass vorzunehmen, obwohl noch kein Erbschein vorliegt.

Welche formalen Aspekte sind bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht zu beachten?

Bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht sollten folgende formalen Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht sollte schriftlich oder in notarieller Form erfolgen, um etwaige Missverständnisse und Zweifel auszuschließen. Hierbei muss die Vorsorgevollmacht klar und eindeutig formuliert sein. Sie soll alle relevanten Personendaten des Ausstellers sowie die vollständigen Kontaktinformationen des Bevollmächtigten enthalten und den Umfang der Vollmacht so genau wie möglich festlegen.

Der Anwendungsbereich der Vollmacht wie Gesundheitssorge oder Vermögenssorge muss auf dem offiziellen Dokument deutlich eingegrenzt werden. Gleichzeitig ist der Umstand des Eintretens der Vorsorgeregelung unmissverständlich in der Vollmacht anzugeben.

Die Vollmacht sollte im Außenverhältnis gegenüber Dritten immer wirksam sein, damit es nicht zu Missverständnissen kommt und im Innenverhältnis kann der Vollmachtgeber festlegen, in welchen Situationen der Bevollmächtigte die Vollmacht verwenden darf. Die Vorsorgevollmacht muss vom Auftraggeber unterschrieben sein, um im Bedarfsfall ihre Rechtskräftigkeit abzusichern.

Darüber hinaus sollte die Vollmacht öffentlich beglaubigt oder notariell beurkundet werden, wenn der Vollmachtgeber über Immobilienbesitz verfügt, damit sie auch vom Grundbuchamt anerkannt wird. Auch für die Regelung von Mietverhältnissen durch Abschluss oder Kündigung eines Mietvertrages oder für die Regelung von Erbschaftsangelegenheiten empfiehlt sich die öffentlich beglaubigte oder beurkundete Form der Vollmacht, da eine notariell beurkundete Vollmacht im Rechtsverkehr eine größere Überzeugungskraft besitzt.

Die Vorsorgevollmacht soll sicher hinterlegt sein, z.B. in einem Tresor, damit sie im Spezialfall gefunden und vorgelegt werden kann und sie sollte in jedem Fall bei dem zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (https://www.vorsorgeregister.de) registriert werden, damit die mit Betreuungsverfahren betrauten Stellen im Notfall die bevollmächtigte Person verständigen können.

Welche Lebensbereiche werden durch eine Vorsorgevollmacht juristisch abgedeckt?

Eine Vorsorgevollmacht kann sich auf nahezu alle Lebensbereiche wie schwere Krankheitsfälle, Unfälle, Finanzsachen, Mietrecht, Betreuung und Pflege sowie freiheitsentziehende Maßnahmen erstrecken und kann auch verbunden werden mit der Erteilung einer noch umfassenderen Generalvollmacht, die einer Vertrauensperson nahezu alle Befugnisse einräumt, im Interesse des Vollmachtgebers zu handeln und zu entscheiden.

Welche Vorteile hat eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht?

Eine notariell beglaubigte Vollmacht besitzt viele Vorzüge.

Der Notar berät den betreffenden Personenkreis rechtskundig. Er ermittelt vor vor der Errichtung der Vollmacht den Willen des Vollmachtgebers und setzt diesen nach dessen Wünschen im Text der Vollmacht um. Er kann den Sachverhalt professionell klären und fachkundig über die juristische Tragweite der Vorsorgevollmacht aufklären und über die mit deren Erteilung verbundenen Risiken belehren.

Überdies überprüft der Notar vor der Beurkundung einer Vollmacht, ob der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist und überprüft auch die Identität des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Beurkundung, was spätere Streitigkeiten vermeidet.

Es gibt Rechtsangelegenheiten, die zwingend eine notarielle Form vorschreiben. Hierzu zählen – wie bereits oben erwähnt – alle Vorgänge, die Immobilien betreffen und Eintragungen im Grundbuch erforderlich machen.

Ein Verlust der Vorsorgevollmacht ist bei notarieller Beurkundung ebenfalls kein Problem, da der beurkundende Notar jederzeit eine neue Ausfertigung erteilen kann, sofern die Vollmacht notariell beurkundet ist und nicht nur die Unterschrift unter der Vollmacht vom Notar beglaubigt worden ist.

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