Vermieter schätzt Heizkosten auf externer Basis – Ist das zulässig?

von | Montag, 24.01.2022 | Allgemein

In vielen Haushalten steht zu Beginn eines Jahres das Ablesen der Heizzähler an. Auf Grundlage dieser Zahlen werden die Heizkosten für das vergangene Jahr berechnet. Doch was tun, wenn der Zähler einen Defekt hat und sich die richtigen Zahlen nicht ermitteln lassen? Veranlasst in einem solchen Fall Ihr Vermieter eine Schätzung der Kosten, sollten Sie auch dann nicht überrascht sein, wenn dies auf Grundlage von Räumen außerhalb des eigenen Gebäudes geschieht. Das aktuelle Urteil vom Bundesgerichtshof mit dem Az. VIII ZR 264/19 vom 27. Oktober 2021 besagt, dass eine solche Praxis durchaus rechtens ist. Welche Voraussetzungen diesem Urteil zugrunde liegen, zeigt ein Blick auf die Fall-Details.

Verweigern einer Heizkosten-Nachzahlung nach Schätzung – Vermieter klagt

Im vorliegenden Fall weigerte sich die Mieterin, eine saftige Nachzahlung von etwa 1.000 Euro zu entrichten. Daraufhin versuchte der Vermieter, die Nachzahlung einzuklagen und gewann. Während sich sowohl das Amtsgericht, als auch das Landgericht Mainz auf die Seite der Vermieterin stellten, sah dies der Bundesgerichtshof anders und sorgte für die im Prozess entscheidende Wendung. Dass die Mieterin die Berechnungsgrundlage der Nachzahlung für unangemessen hielt, tat der Entscheidung der Bundesrichter keinen Abbruch.

Fehlerhafte Erfassung des Wärmeverbrauchs rechtfertigt Hinzuziehen von Vergleichswerten

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass es erlaubt sei, außerhalb des Gebäudes befindliche Räume als Vergleichswerte zur Heizkosten-Berechnung heranzuziehen. Hierbei muss jedoch der Umstand gegeben sein, dass sich die tatsächlichen Werte aus technischen Gründen nicht ablesen lassen. Alternativ kann auch die Abrechnung aus einem länger zurückliegenden Abrechnungszeitraum herangezogen werden. Ebenso ist der durchschnittliche Verbrauch einer Nutzergruppe oder der Mieter des gesamten Gebäudes als Abrechnungsgrundlage zu akzeptieren. Damit das gesamte Prozedere für den Vermieter praktikabel und wirtschaftlich bleibt, seien Ungenauigkeiten bei einer Schätzung vom Mieter so hinzunehmen. Im Mainzer Fall argumentierte die Mieterin, dass die Schätzwerte von ihr nicht geprüft werden können. Diesen Einwand ließen die Bundesrichter nicht gelten und stellten eine Anfechtbarkeit der geschätzten Werte optional in Aussicht. Die Beweislast läge – sofern sie von dieser Option Gebrauch mache – schlussendlich beim Vermieter.

Voraussetzungen für die Nutzung von externen Vergleichsräumen

In dem behandelten Fall wurde jedoch auch klargestellt, dass die Vergleichsdaten nicht aus der Luft gegriffen sein dürfen. Es sei entscheidend, dass realistische Werte für eine Schätzung herangezogen werden, sodass die Voraussetzungen für geschätzte Heizwerte gegeben sind. Hierbei geht es vor allem um die Größe des zu schätzenden Raumes. Aber auch der Zustand der Bausubstanz spielt für eine gerechtfertigte Heizwert-Schätzung eine große Rolle. Darüber hinaus müssen die Werte des Vergleichsraumes eine ähnliche Intensität der Nutzung widerspiegeln. Im Hinblick auf den Einwand der Mieterin, dass es sich um eine externe Lokalität handele, sei der Ort nicht entscheidend.

Sachverständigengutachten im Zweifelsfall

Ist der Vermieter nicht in der Lage, nachzuweisen, dass es sich um realistische Schätzungswerte auf Vergleichsraum-Basis handele, kann auch ein Sachverständiger mit der Einschätzung eines solchen Falls beauftragt werden. Durch die Gutachtereigenschaft sind verlässliche Aussagen zu erwarten, welche im Idealfall die vom Vermieter aufgerufenen Heizwerte hieb- und stichfest untermauern. Lassen Sie sich bei solch komplexen Fällen von einem Fachanwalt für Mietrecht beraten!